Bambini, Bücher, Ballspiele - mein Alltag im italienischen Kindergarten
Ciao a tutti! Wie schön, dass ihr wieder hierher gefunden habt. 😇
Kinder sind was Schönes, oder? Denkt man zumindest, bis sie Farbeimer über deiner Hose auskippen und sich gegenseitig Feuerwehrautos auf die Köpfe schlagen.
Meine ersten zwei Wochen in einem italienischen Kindergarten sind um und ich muss einfach sagen, dass ich ganz neuen Respekt für alle Kindergärtner dieser Welt entwickelt habe. Natürlich war mir vorher schon klar, dass das ein ziemlich harter Beruf ist, aber die zehn Tage, die ich bis jetzt erleben durfte, waren echt nicht ohne. So viel Chaos, Schreien und vor allem Anstrengung hatte ich im ganzen letzten Jahr nicht. Grob gesagt: Sieben Stunden am Tag arbeiten ist plötzlich anstrengend und schlafen ist auch ein bisschen zu kurz gekommen. Aber die Arbeit macht Spaß und ich habe endlich mal was zu tun. 🙈
Jetzt zu den grundsätzlichen Dingen meiner Arbeitsstelle: Die "Scuola dell'Infanzia" vom diakonischen Zentrum besteht aus insgesamt drei Gruppen. Den Drei-, den Vier- und den Fünfjährigen. In jeder Klasse sind bis zu 15 Kinder. Wie schon im letzten Post kurz angesprochen, begleite ich als dritte Erziehungskraft die Klasse der Vierjährigen und durfte den Alltag von manchmal sieben, manchmal aber auch 14 Kindern live miterleben.
Zugegebenermaßen waren die ersten beide Tage am Anfang ziemlich hart, weil wir Freiwilligen keine richtige Einführung über unsere Aufgaben, Arbeitszeiten usw. bekommen haben und allgemein sehr wenig mit uns gesprochen wurde. Aber das hat sich dann schnell geändert und inzwischen kann ich mich mit einer Mischung aus Italienisch, Englisch und Zeichensprache mit meiner "maestra" unterhalten. Bei den "bimbi", kurz für "bambini", besteht mein Vokabular dann eher aus vier Wörtern: "Aspetta" (Warte!), "Attenzione" (Vorsicht), "piano" (leise!) und "basta" (Es reicht!). Aber das ist genug, um mit ihnen zu kommunizieren. 😄Warum ich die ganze Zeit von Lehrerin und nicht von Erzieherin spreche, erkläre ich später noch.
Jetzt erzähle ich euch erstmal, wie so ein typischer Tag im Kindergarten aussieht.
Ich arbeite Montags bis Freitags jeweils von acht bis 14 Uhr, am Wochenende habe ich frei. Wenn ich um acht Uhr in den Klassenraum komme, ist meistens ein Kind da, manchmal auch schon zwei, aber normalerweise kommen alle anderen bis halb neun mit dem Schulbus an. Auch wenn am Anfang alle, einschließlich mir, noch ziemlich müde sind, wird direkt mit puzzeln angefangen. Nur sind es leider jeden Tag die gleichen sechs Disney-Puzzle. Nicht, dass ich was gegen Prinzessinnen hätte, ganz im Gegenteil, aber schon nach dem dritten Tag wurde es ein wenig langweilig. Wenigstens ist es für die Kinder ein Erfolgserlebnis, wenn sie zwei passende Teile finden und wir können uns immerhin über unsere Lieblingsprinzessin unterhalten. #teamcinderella 👑💖
Um neun Uhr gibt es für die Kinder dann die "Merenda", das ist eine Art Snack oder Zwischenmahlzeit nach dem Frühstück, die von Zuhause mitgebracht wird. Meistens besteht sie aus einem Trinkpäckchen, eingepackten Cornetti und süßen Brötchen. Ein belegtes Brot oder Äpfel sind eher selten bis gar nicht dabei. Da hatte ich früher schon eine coolere Brotdose. Danke Mama! :) Gesunde Ernährung und auch Nachhaltigkeit haben die hier insgesamt alle noch nicht ganz raus, aber vielleicht kann ich denen das in den nächsten Monaten noch beibringen. ✊
Danach ist die erste Lernsession an der Reihe. Alle setzten sich in einer Reihe vor die maestra und es wird das jeweilige Datum, die Wochentage und die Monate gelernt. Gezählt wird meistens auch noch. Vorteil für mich: Ich kann dabei selbst noch was lernen. Wochentage konnte ich mir auf anderen Sprachen schon immer schlecht merken. 😅An vier Tagen der Woche geht es dann in einen anderen Raum, um entweder Englisch, Sport, Musik oder Kunst zu machen. Am lustigsten finde ich bis jetzt den Englischunterricht, denn mit einem italienischen Akzent den Britischen nachzumachen, klingt wirklich lustig! Die anderen Lehrerinnen für die Kurse sind auch alle sehr nett. Insgesamt kennt in diesem Zentrum auch jeder jeden. Selbst die Aushilfe aus der Küche kann jedes Kind mit Namen ansprechen. Verrückt!
Die meiste Zeit begleite ich die Klasse allerdings nur und höre zu, was die Lehrerinnen versuchen beizubringen. Ich hoffe aber, dass ich in den nächsten Wochen auch mal selber etwas mit den Kindern machen darf oder zumindest eigene Ideen für Malmotive vorschlagen kann. Ansonsten gehe ich oft mit den Kindern aufs Klo und helfe mit dem Hände waschen, bringe den Erziehern irgendwelche Materialen oder wasche Pinsel und Schwämme aus. Das Putzen und Fegen des Raumes bleibt bei Kindern auch nie aus.
Bis um 12 ist dann Spielen angesagt. Von einer Spielküche, über Dinosaurier bis hinzu Kreide im Garten ist alles dabei. Insgesamt wird auch immer zwischen dem Klassenraum, der kleinen Terrasse und dem Garten gewechselt. Das ist ganz schön, um mal mehr Abwechslung zu haben. Manchmal spielen die Kinder viel mit mir und kommen oft auf mich zu, aber teilweise bleiben sie unter sich und ich gucke nur zu wie sich gegenseitig anmalen. Kann auch viel Spaß machen! Eine-Kabiene-Kabauz und Hoppe-Hoppe-Reiter kommen allerdings zu jeder Uhrzeit gut an. Vielleicht sollte ich nur beides irgendwann noch auf italienisch lernen, sonst versteht mich ja ein Jahr lang keiner. 😬
Pünktlich um zwölf kommt dann das Mittagessen. Besteck und Portionen werden ausgeteilt, es wird im Chor laut "Buon Appetito" gesagt und das Chaos kann starten: Das eine Kind möchte mehr Parmesan, das andere mag die Farbe der Gabel nicht und wieder das andere findet, dass die Nudeln eindeutig besser in die Nase passen als in den Mund. Ach und übrigens, es gibt jeden Tag Nudeln. JEDEN TAG! Natürlich sind Kinder pinkelig beim Essen, aber eine gute deutsche Kartoffel würde es doch auch mal tun, oder? Ebenso frage ich mich, wie die italienischen Frauen alle so dünn bleiben können, wenn sie so essen wie wir hier und das auch noch um halb zehn Abends. Vielleicht finde ich das Geheimnis irgendwann noch raus...
Einer meiner Lieblingsmomente am Tag ist es, wenn ein Kind es schafft, seine Portion aufzuessen. Da das nicht besonders häufig vorkommt, ist die Freude bei allen umso größer. Wenn bei mir mal jemand applaudieren würde, wenn ich aufesse, hätte ich sicherlich noch viel mehr Spaß am Essen... 😓🍕🍝
Danach passiert dann aber nicht mehr viel. Die meisten Kinder wollen schlafen oder zu ihrer Mama, sodass die Zeit da oft sehr langsam rum geht. Manchmal wird noch Musik gehört und dazu getanzt. Am Ende folgt immer eine Lesestunde. Irgendein Kind kommt mit einem Buch auf mich zu und ich lese es so gut ich kann vor. Manchmal mit wenigen Fehlern bei der Aussprache und manchmal halt auch mit mehreren, sodass ich hoffe, dass die Kinder die Geschichte überhaupt verstehen. Aber auch so kann ich selber noch italienisch lernen. 😊Ab 14 Uhr werden die Kinder dann abgeholt und ich hab auch endlich Feierabend und kann mich ausruhen.
Natürlich sind nicht immer alle Tage gleich und es gab auch schon Momente, in denen ich mir dachte, das schaffe ich kein ganzes Jahr. Aber wenn dieser Zeitpunkt kommt, denke ich immer an den Tag, als ein kleines Mädchen sich zum ersten mal meinen Namen merken konnte und morgens mit einer Umarmung auf mich zu kam. Dann weiß ich, dass die Arbeit hier absolut nicht umsonst ist. 💛
Und wie schon kurz angesprochen, kommen jetzt noch ein paar Unterschiede zwischen deutschen und italienischen Kindergärten.
Grundsätzlich ist das Prinzip der Kitas hier ein anderes als bei uns. Wo es in Deutschland eher ums Spielen und Aufpassen der Kinder geht, weil die Eltern arbeiten sind, fangen italienische Kinder schon früh an zu lernen. Für sie ist der Kindergarten schon ein Ort, wo sie hingehen müssen und zum Beispiel Englisch-Unterricht haben. Das finde ich immer noch ziemlich ungewöhnlich, da die Italiener ja eigentlich nicht für ihre Englisch-Kenntnisse bekannt sind. Außerdem ist hier von Lehrerinnen die Rede und eben nicht von Erzieherinnen. Zwar werden nur die Frauen mit "maestra" angesprochen und der 30 Jahre ältere Mann wird nur beim Vornamen genannt, aber "maestra Joke" lässt mich schon echt groß und wichtig fühlen. 😝Der Umgang zwischen den Lehrerinnen und den Kindern ist ebenso ein anderer. Mir ist aufgefallen, dass zuhause die Kinder viel mehr Freiräume haben und insgesamt weniger abhängig von den Erziehern sind. Hier wird viel mehr kontrolliert. Alles, was die Kinder machen wird beobachtet, keiner darf alleine sein und ständig wird sich in eine Reihe aufgestellt, um keinen beim Spielen zu verlieren. In Deutschland sind die Kinder schonmal alleine im Garten und dann kommt es halt mal vor, dass Dreck gegessen wird oder jemand hinfällt. Hier würde es nicht mal dazu kommen, weil das Kind den Dreck nicht in die Hand nehmen soll und grundsätzlich nicht gerannt wird. Einer meiner Lieblingssätze nebenbei: "Non si corre in classe!" (Im Klassenraum wird nicht gerannt!). 😆
Natürlich ist keine dieser Sachen schlechter oder besser, als ich sie bis jetzt kenne. Beide Seiten haben Vor- und Nachteile. Ich finde es nur echt erstaunlich, wie groß der Unterschied zwischen den Freiheiten der Kinder ist und wieviel hier kontrolliert wird. In einem Jahr werde ich das aber wahrscheinlich alles für total normal empfinden. :)
Das war es für heute. Ich hoffe, euch hat dieser etwas längere Post gefallen und ihr könnt euch meinen Alltag in Palermo jetzt ein bisschen besser vorstellen. Die Bilder im Anschluss helfen dabei hoffentlich auch noch. 😋
Bleibt gesund und tanti saluti!
Eure Joke💙
Der kleine Garten der Schule
Die Terrasse
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